MORDRED The Noise Years

Dissonance Productions / Cherry Red Records

Retrospektive auf eine der wohl innovativsten Metal-Bands überhaupt

 

Die seit bald zehn Jahren wieder aktive Band, die im letzten Jahr mit „The Dark Parade“ übrigens ein überaus bemerkenswertes Album abgeliefert hat, wird immer noch weit unter Wert gehandelt. Damit dürfte sich das Sextett aus der Bay Area zwar längst abgefunden haben, die Wertschätzung für MORDRED könnte aber durchaus deutlich größer sein.

Müsste eigentlich, denn hält man sich vor Augen, mit welch‘ innovativen Ideen MORDRED in ihrer Frühzeit an den Start gegangen sind, muss man ihnen nachträglich attestieren sowohl für die seinerzeitige „Crossover“-Welle erhebliche Vorarbeit geleistet zu haben, wie auch für vieles, dass später in der Kategorie „Nu Metal“ aufgetaucht ist.

Mit „The Noise Years“ offeriert man nun eine, auch optisch ansprechende Box, in der all jene Scheiben beinhaltet sind, mit denen sich die Jungs in der Metal-Szene vorstellig, und auch zur Kult-Band gemacht haben. Zwar dürften die Alben auch heute, sprich gut 30 Jahre später, noch relativ problemlos zu finden, nicht zuletzt das üppig vorhandene Bonus-Material sollte aber selbst Besitzer der Original-Ausgaben auf diese Box neugierig machen. Zu den drei CDs bekommt manxein 18-seitiges Booklet mit Linernotes, diversen Interview-Sequenzen und jeder Menge Fotos aus der Band-History. Fein gemacht, und zudem ideal, um sich auf die musikalische Zeitreise mit MORDRED einzustimmen.

Diese beginnt logischerweise mit 89er Debüt „Fool’s Game“. Für viele Fans bis heute das wichtigste und beste Album der Formation, und definitiv auch ein Meilenstein der Bay Area-Szene. Generell zwar noch eher im Thrash Metal verankert, und zudem noch als Quintett zugange, lieferten die Jungs rund um Frontmann (und Rampensau) Scott Holderby eine mitreißende Melange. Die beinhaltete jede Menge funkiger Rhythmen, und gipfelte in einer hyperaktiven Version von Rick James‘ ‚Superfreak‘. Auffällig war neben der exzentrischen Gesangsdarbietung vor allem der Bass von Art Liboon, der wohl einen Großteil der Funk-Einflüsse in die Band brachte. Leider bleibt dieser Dreher zwar ohne Bonusmaterial, am "Must Have" und der zeitlosen Klasse von Hämmern wie ‚State Of Mind‘ oder ‚Everyday’s A Holiday‘ ändert das aber selbstverständlich nichts.

Die zwei Jahre bis zum nächsten Album lassen sich als die wahrscheinlich entscheidenden für die weitere Karriere dieser Formation betrachten. Schließlich wurde mit Aaron Vaughn jenes sechste Bandmitglied ins Line-Up integriert, das unter dem Namen „DJ Pause“ in Folge mit seinen Scratches das Klangkorsett der Formation gleichermaßen ergänzte wie auch gehörig veränderte. Seinen Einstand lieferte der Kerl auf „In This Life“, einem Album das retrospektiv mit zu den einflussreichsten zählt, was die „Crossover“-Bewegung in der Metal-Welt betrifft. Nummern wie der Titelsong, oder ‚Falling Away‘ machten zuvor lediglich auf Heavy Metal und Hard Rock fixierte Hörer auf derlei Sounds aufmerksam, und erhöhten generell den Toleranzlevel in der Szene. Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich klassischer Rock und Scratches an sich ganz gut vertragen, stellte die mitreißende Version der Jungs von ‚Johnny The Fox Meets Jimmy The Weed‘ dar. Die gab es ursprünglich auf der EP „Esse Quam Videri“ zu hören, die dem Album vorangeschickt wurde. Auch für „The Noise Years“ wurde diese EP berücksichtigt, wenn auch lediglich als Bonus-Teil von „In The Life“.

Auf eben diese Weise wurde auch die 1992 veröffentlichte EP „Vision“ in die Box integriert. Die sechs Songs stellen nämlich die Bonus-Section von „The Next Room“ dar. Das ist zwar an sich chronologisch falsch, würde aber nicht wieter stören, wenn durch die verdrehte Reihenfolge nicht die Entwicklung der Band inkorrekt dargestellt worden wäre. Hält man sich jedoch vor Augen (und Ohren), dass Scott nach „Vision“ ausgestiegen ist, und durch den wesentlich rauer ins Mirko röhrenden Paul Kimball ersetzt wurde, erhält man allerdings sehr wohl eine Erklärung dafür, weshalb mit dem letzten Dreher der Noise-Ära doch nicht der Durchbruch gelungen ist.

„The Next Room“ ist zwar mit Sicherheit kein langweiliges Album, lässt allerdings die lockere Spielfreude der ersten beiden Scheiben vermissen. Zudem vermittelt es den Eindruck, das Sextett wäre zu jenem Zeitpunkt geradezu krampfhaft bemüht gewesen, möglichst innovativ zu klingen. Das dürfte auch durchaus seinen Sinn gehabt haben, ähnlich wie die Kollegen von FAITH NO MORE, die mit „King for a Day, Fool for a Lifetime“ versuchten einen adäquaten Nachfolger für ihren genialen 92er Dreher „Angel Dust“ vorlegen zu können, scheiterten auch MORDRED in erster Linie an sich selbst.

Anstatt nämlich ihrer Kreativität weiterhin freien Lauf zu lassen, regierte hier die Verbissenheit. Daher klingt „The Next Room“ in Summe gesehen im Vergleich zu seinen Vorgängern einfach zu überambitioniert, und dadurch mitunter sogar regelrecht verquer. Kein Wunder also, dass alles anders kam, als es geplant war.

Für MORDRED gab es damit nämlich doch nicht den erhofften, und auf Grund der ersten beiden Scheiben auch absolut verdienten Durchbruch, sondern ein jähes Ende. Schließlich verschwanden die Herren bald darauf mehr oder weniger abrupt von der Bildfläche. Nahezu unbemerkt muss man hinzufügen, denn die Musikwelt war in jenen Tagen mit Themen wie „MTV Unplugged in New York“ von NIRVANA, dem selbstbetitelten Album von KORN, oder „The Downward Spiral“ von NINE INCH NAILS mit anderen Themen zur Genüge beschäftigt.

Für Komplettisten und Sammler, aber auch für "Frischlinge" stellt "The Noise Years" also definitiv eine lohnende Anschaffung dar., schließlich lässt sich der Werdegang der Band damit wunderbar nachvollziehen.

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