RAUHNÅCHT

Ein österreichisches Underground Highlight stellt sich vor

Unterm Gipfelthron“ nennt sich das bemerkenswerte jüngst veröffentlichte Album der Österreicher RAUHNÅCHT und wir baten Stefan Traunmüller, den Kopf hinter diesem Projekt um ein Gespräch.

Hallo Stefan, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten. Kannst du bitte zu Beginn dieses Interviews erst einmal RAUHNÅCHT unseren Musikatlas Lesern vorstellen?

Die Band existiert seit 2010, als ich aus Fragmenten von Songs der Alpin Folk-Band STURMPERCHT Black Metal-Songs gemacht habe. Daher auch die Bezeichnung Alpine Black Metal. Es existieren drei Alben „Vorweltschweigen“, „Urzeitgeist“ und „Unterm Gipfelthron“, wobei ich die dazwischen veröffentlichten Splits „Zur Ew'gen Ruh“ und „Spukgeschichten“ sowie die EP „Waldeinsamkeit“ fast noch gelungener finde.

Betrachtest Du RAUHNÅCHT als dein Projekt oder gibt es auch immer wiederkehrende fixe Musiker, die in irgendeiner Form daran beteiligt sind?

Ich betrachte es schon als mein Projekt, die Zusammenarbeit mit Session-Musikern ist eher offen und auf das konkrete Projekt beschränkt. Meistens geht es dabei um Drums, Chöre oder Melodie-Instrumente. In Zukunft kann es auch sein, dass ich alles selbst mache, mich aber diversen Samples und kurzen Sequenzen als Ausgangsbasis bediene.

Du hast mit RAUHNÅCHT Anfang Dezember letzten Jahres ein neues Album mit dem Titel „Unterm Gipfelthron“ veröffentlicht. Kannst du die Songs und auch deren Lyrics für unsere Leser beschreiben?

Ja gerne. Das Album besteht eigentlich aus zwei Teilen, die ersten drei Songs gehören zusammen, während die letzten beiden Songs von der Atmosphäre und dem Entstehungszeitraum her gesehen zu den beiden Songs der „Spukgeschichten“-Split gehören.

Zwischen den Jahren“ (Text über die Rauhnächte, die Zeit, die gewissermaßen zwischen dem Ausatmen des alten Jahres und dem Einatmen des neuen Jahres liegt) und „Unterm Gipfelthron (einfach eine Hommage in Gedichtform an die geliebten Berge meiner Heimatregion) sind absichtlich eingängiger und folkiger, das Instrumental „Gebirgsbachreise“ verfolgt analog zu Smetanas „Die Moldau“ einen Bach von der Quelle in den Bergen bis ins ruhige Fahrwasser eines breiten Stroms.

Ein Raunen aus vergess'ner Zeit“ basiert auf Samples einer persischen Duduk und einigen perlenden Arpeggio-Synths und behandelt sozusagen als Antithese zum modernen Fortschrittsdenken die immer wiederkehrenden Muster, die längst vergangene Generationen genauso beschäftigten wie uns heute. „Winter zieht übers Land“ ist der längste und abwechslungsreichste Song des Albums, der Text ist wiederum sehr naturverbunden, wobei ich eine Brücke von den natürlichen Zyklen zu unseren inneren Prozessen und dem Leben als Ganzes schlage.

Wie darf man den Albumtitel „Unterm Gipfelthron“ interpretieren?

Im Gegensatz zu manch metaphorischen Titeln oder Wortspielen, die ich sonst gerne verwende, ist hier einfach das Gefühl gemeint, das ich in meiner Heimat, den nördlichen Alpen, habe, wenn ich am Fuß eines Gebirges stehe und mich zu einer Bergtour aufmache.

Woher beziehst du deine Inspiration für die Musik bzw. für die Lyrics? Hast du zuerst die Songstrukturen bzw. die Melodien im Kopf oder stehen am Anfang die Worte, um welche du dann die Musik webst?

Die genauen Texte kommen meistens ganz zum Schluss, wobei ich schon öfters einzelne Worte oder Zeilen als Inspiration für die Musik nehme. Oft beginne ich mit einer zentralen Stelle im Song oder auch einem ungewöhnlichen Sample oder Instrument, um einen möglichst atmosphärischen Startpunkt zu haben. Es ist immer wichtig, in einen Flow zu kommen und mit Herz und Seele dabei zu sein, ein zu verkopftes Herumprobieren am Instrument oder mit der Musiktheorie führt bei mir meistens zu nichts Zufriedenstellendem. Eine gute Nummer entsteht meistens dann, wenn die Grundstruktur relativ schnell da ist. Die Feinabstimmung von Sound und Arrangement dauert dann so oder so lange genug, manchmal Monate oder Jahre.

Wie kam es zu deiner Zusammenarbeit mit Debemur Morti Productions?

Ich kannte das Label schon länger bzw. war ich mit Phil auch schon einige Jahre in losem Kontakt. Er nimmt Bands einzig und allein aufgrund von seinem persönlichen Geschmack und Gefühl unter Vertrag und beschränkt sich dabei auch nicht auf konkrete Genres. Das gefällt mir und deshalb bin ich sehr froh, dass ihm mein Album gefiel. Er lässt seinen Bands  genügend Freiraum und verpflichtet sie nicht für weitere Veröffentlichungen, das war mir sehr wichtig. Ich werde auch in Zukunft noch anderweitig Splits und limitierte Veröffentlichungen machen.

Der Stil von RAUHNÅCHT betitelt sich „Alpine Black Metal“. Wo liegt hier für dich die Unterscheidung zum ich sage jetzt mal „herkömmlichen“ Black Metal?

Wie schon erwähnt, haben wir das so bezeichnet, weil sich RAUHNÅCHT mehr oder minder aus STURMPERCHT heraus entwickelt hat und diese sich als Alpin Folk bezeichnen. Ich verwende immer wieder traditionelle Instrumente des Alpenraums und greife auch – in Zukunft wohl wieder etwas mehr – auf Sagen meiner unmittelbaren Heimat zurück. Das schließt für mich aber nicht aus, dass ich mich Einflüssen aus der Volksmusik anderer Gebiete der Erde bediene, da sich interessanterweise in der Mythenwelt und der Musik verschiedenster Gebirgsregionen viele Parallelen zum Alpenraum finden.

Hast du den Namen RAUHNÅCHT gewählt, weil er einfach zu dem Musikstil passt, den du erschaffst oder hast du persönlich einen besonderen Bezug zu den Bräuchen und den Mythen rund um die Rauhnächte?

Natürlich ging es da um das lokale Brauchtum und die mystische Zeit der zwölf Rauhnächte. Der Kringel über dem a ist übrigens der Namensgleichheit mit einer anderen aktiven Band gleichen Namens geschuldet.

Wie siehst du den internationalen Stellenwert der österreichischen Underground Szene? Bist du viel mit anderen Bands und Musikern hier in Österreich in Kontakt oder agierst du eher für dich alleine, ohne dich um den Rest der Szene zu kümmern?

Eindeutig letzteres, wobei ich durch mein Tonstudio bzw. meine Mix/Master-Tätigkeiten mit einigen (vorwiegend internationalen) Bands zu tun habe. Ich muss jedoch gestehen, dass ich seit vielen Jahren keinen extremen Metal mehr höre und über die Entwicklung des Undergrounds in Österreich nicht auf dem Laufenden bin. Gefühlsmäßig gab es vor zehn, zwanzig Jahren eine größere Eigenständigkeit, denn wirklich originelle oder innovative Musik wäre mir aus Österreich schon länger nicht begegnet, aber das muss wie gesagt nicht viel heißen.

Du bist ja neben RAUHNÅCHT noch bei GOLDEN DAWN aktiv. Kannst du uns vielleicht ein wenig über diese Band erzählen? Gibt es noch andere Projekte, Bands oder Bereiche, bei denen du musikalisch aktiv bist?

GOLDEN DAWN war meine erste Band, das Debut Album „The Art Of Dreaming“ kam 1996 heraus, die Demos davor wurden unlängst alle auf CD re-released. Ich war damals mit einfachen Mitteln recht innovativ unterwegs, habe aber diesen Geist irgendwann verloren. Es gibt durch die Pleite des damaligen Labels noch unveröffentlichtes Material, vielleicht mache ich irgendwann etwas daraus, aber grundsätzlich ist dieses Kapitel abgeschlossen. Es gibt etliche andere Bereiche und Projekte, in denen ich aktiv war oder bin, neben Metal mache ich immer wieder Ambient und derzeit auch Musik für Meditation und Affirmationen.

Erwähnen möchte ich noch CAFÉ DE L'ENFER, da gab es ein Demo und ein Album, das ist so etwas wie Military Ambient/Industrial, und THE NEGATIVE BIAS, eine Black Metal Band aus Wien, für die ich als eine Art Ghost Writer tätig bin.

Wird es zu „Unterm Gipfelthron“ Live-Shows geben oder gibt es diesbezüglich noch keine konkreten Pläne?

Es gibt keine konkreten Pläne, aber ich sage niemals nie. Bei einem guten Angebot würde ich mir das gut überlegen, wobei die Ansprüche an meine derzeit noch nicht vorhandenen Mitmusiker ziemlich hoch wären. Es müsste nicht nur musikalisch passen, denn ich möchte nur mit Menschen arbeiten, mit denen ich auch persönlich einigermaßen auf einer Wellenlänge bin.

Möchtest du unseren Lesern am Ende dieses Interviews noch ein paar Worte widmen?

Ich bedanke mich für die Möglichkeit, im Musikatlas präsent zu sein, und bei jedem, der sich mit meiner Musik auseinandersetzt und darin vielleicht einige von den Gefühlen wiederfindet, die ich beim Erschaffen hatte.

Photo Credits: RAUHNÅCHT / Debemur Morti Productions