Sie sind für viele die einfach beste deutschsprachige Band. Ich muss gestehen, dass ich mir mit Deutsch als Popsprache tendenziell schwer tue, aber TOCOTRONIC sind da für mich auch eine der wenigen Bands, die es schaffen mich immer wieder in Verzückung zu versetzen. Nicht zuletzt wegen der Sprache: ihren Sprachbildern, der tollen Lyrik, ihren Einsichten, oft in beeindruckender, schonungsloser Klarheit, aber auch gerne verklausuliert, was bei mehrmaligem Hören noch mal begeisternde Aha-Zustände erzeugen kann. Einfach eine tolle Band, da kann man nichts sagen. Sie müssen ja auch immer wieder als Sinnbilder bei Häme gegenüber 90er-Adidas-Jacken-Hipstertum und studentischer Prätention herhalten. Durchaus zurecht. Aber nach 25 Jahren Bandgeschichte, zwölf Studioalben (wir sprechen hier im Speziellen über das Zwölfte) und unzähligen, Generationen prägenden Klassikern, erscheint das inzwischen lachhaft. Ihr neues, eben zwölftes Album ist ein Konzeptalbum und folgt der Biographie der Menschen in der Band, was locker zur Hälfte der Biographie der Band entspricht. Von der Enge der Provinz in ihrer Jugend, einer Zeit mit RAF-Fahndungsfotos in den Bushaltestellen und erster Politisierung. Aber auch vom Stolz des eigenen Andersseins. Dem Auszug aus der Hölle nach Hamburg. Der Rettung von dort in Form von Berlin. Der Kalte Krieg, Tschernobyl, Waldsterben. Zutiefst Persönlichem wie dem Tod eines Freundes. Theorieverliebte Verklausuliertheit hat hier keinen Platz mehr: es herrscht ultimative textliche Klarheit! Dem inhaltlichen Konzept folgen sie auch musikalisch. So ist jeder Song eine Reminiszenz an musikalische Vorbilder zu verschiedenen Phasen ihrer Biographie. Da finden sich schnell dahinrumpelnde Songs wie zu ihren Anfangstagen, Beatles, 80er Gitarrenpop, Dub, Progressive Rock, Hüsker Dü, Roxy Music. Also dieses Album ist durchaus so was wie eine Erklärung des – ja, man kann es inzwischen so bezeichnen – stilprägenden Phänomens TOCOTRONIC. Groß!
