Die ersten Worte auf Ane Brun’s neuem Album “After The Great Storm” sind ein simples Einzählen in ihrer norwegischen Muttersprache: “En, to, tre, fire”, hinterlegt mit einer homöopathischen Dosis Fuzz. Im Grunde genommen ein ziemlich althergebrachtes Entrée zu einem definitive Höhepunkt in Ane’s fast 20-jähriger Karriere. Wohlgemerkt, “After The Great Storm” ist nur eines der Alben, von dem die Künstlerin beschloss, es in diesem tristen Jahr 2020 zu veröffentlichen. Es hat ein Geschwisterl, das überaus passend titulierte “How Beauty Holds The Hand Of Sorrow” – die insgesamt 18 Titel wurden zwar fast gänzlich schon vor dem ersten Lockdown fertiggestellt, sie in rascher Reihenfolge in einem Zeitraum zu veröffentlichen, in dem die Leute mehr Zeit und auch die Lust haben sich damit zu befassen, war eine willkommene Entscheidung.
Die beiden Alben, die innerhalb eines Monats auf den Markt kamen, zeigen zwei gänzlich unterschiedlichen Seiten der Songwriterin. In der Vergangenheit wurde sie vordergründig für ihre zarten, emotionalen Folk-orientierten Weisen geschätzt, diesmal lädt sie uns auf eine Reise in neue musikalische Gefilde ein, die sich hauptsächlich auf “After The Great Storm” entfalten. Hier dominiert ein ganz famoser 90er Sound, mit Synthie-Kaskaden, federleichten Streichern, fetten Basslines und ebensolchen Percussion, Vergleiche mit MASSIVE ATTACK sind nicht von der Hand zu weisen, auch Spuren von PORTISHEAD, TRICKY gibt es zu entdecken. Der Opener “Honey” (mit dem Count-In) verströmt schon mal prächtige Zeitgeist-Stimmung, die schlichte Schönheit der Single “Don’t Run And Hide” dürfte unsereins schon länger vertraut sein und wer’s ein wenig düsterer mag kommt mit “The Waiting” mit Sicherheit auf seine Kosten.
Der zweite Longplayer “How Beauty Holds The Hand Of Sorrow” wird den Fans spontan vertrauter erscheinen, hüllt uns doch schon das eröffnende “Closer” in zarte Piano-Texturen ein, gepaart mit sehnsüchtig verhaltenem Gesangsvortrag. Hier sind die Songs aus einem Guß, die Melodien dominieren und die Schlichtheit ist mitunter atemberaubend. Hört euch einfach nur “Song For Thrill And Tom” an und ihr werdet wissen was ich meine …
Zwei Alben, ein Gesamtwerk! Chapeau!