An sich war das dritte Studioalbum der BLUES PILLS für Anfang Juni angekündigt und auch bereits alles dafür vorbereitet. Doch just in jenen Tagen, an denen sich die Band mit den Promotion-Tätigkeiten für "Holy Holy!" (Nuclear Blast / Warner) loslegen wollte, kam ein doch überraschender Stopp sämtlicher Tätigkeiten dafür seitens des Labels. Der war einhergehend mit einer Terminverschiebung auf einen späteren, noch unbekannten Zeitpunkt. Da aber bald daraufhin der 21. August als neuer Termin bekanntgegeben wurde, waren zumindest sämtliche Spekulationen bezüglich etwaiger interner Differenzen vom Tisch.
Sängerin Elin Larsson war ganz offenkundig heilfroh darüber, dass der Dreher unter Volk kommen kann und es schlussendlich auch mit Interviews losgehen konnte. Was sie uns zum neuen Album und diversen anderen aktuellen Geschehnissen rund um die von ihr zusammen mit Bassist Zack Anderson und dessen Halbbruder Cory Berry gegründeten BLUES PILLS mitzuteilen hatte, lest ihr in den folgenden Zeilen:
Eines gleich vorweg: Die spontane Verschiebung des Veröffentlichungstermin hat für gehörig Unruhe und auch diverse Gerüchte gesorgt. War Euch das bewusst, was ihr dadurch ausgelöst habt?
Ja, das war uns klar. Allerdings ist die Verschiebung nicht auf unserem Mist gewachsen, sondern auf Intention unseres Labels geschehen. Den Grund könnt ihr wahrscheinlich vorstellen. Dieses die Welt in Angst und Schrecken versetzende Virus! An sich waren wir der Meinung, es würde reichen, durch die weltweite Absage von Konzerte jeder Art diesem Virus ausreichend Tribut zu zollen. Unser Label und unser Management haben uns aber davon überzeugt, dass auch eine Album-Veröffentlichung mitten in den "Lockdown" nicht unbedingt eine gute Idee ist. Zudem wurde uns klar gemacht, dass wir sehr wohl eine Zielgruppe ansprechen, die noch physische Tonträger bevorzugt. So gesehen machte es natürlich Sinn einige Wochen zuzuwarten. Denn was hilft es schon, ein Album zu veröffentlichen, wenn die Läden gesperrt sind und die Fans keine Möglichkeit haben es zu kaufen?
Eben. Die Verschiebung an sich war es ja auch nicht, die für Verwirrung gesorgt hat, sondern der nicht kommunizierte, anvisierte Zeitpunkt. Abe regal, jetzt steht das Datum ja fest und auch die Promo scheint gehörig anzulaufen. Ich kann mir vorstellen, dass Euch ein Stein vom Herzen gedonnert ist, als sich alles in Wohlwollen aufgelöst hatte.
Das kannst Du laut sagen! Ich meine, immerhin haben wir im letzten Oktober mit den Vorbereitungen und Aufnahmen erster Ideen begonnen. Es hat im Endeffekt nun also beinahe ein Jahr gedauert, ehe wir ein neues Album vorstellig machen können.
Naja. Andere Bands haben in diesem Zeitraum gerade mal ihre Snare-Drum entsprechend eingestellt, von daher wirkt der Zeitraum nicht übermäßig lange. Sehr eigenartig empfanden es viele Fans aber, dass "Lady In Gold" immerhin schon 2016 veröffentlicht wurde und es nach den entsprechenden Tourneen verdächtig still um Euch geworden ist. Mehr noch, man darf wohl durchaus sagen, dass ihr seit Ende 2018 in der Versenkung verschwunden seid. Was war denn los?
Das kann ich Dir erklären, denn das lag in der tat einzig und allein an uns. Und zwar noch nicht einmal ausschließlich an uns als Musiker, sondern noch viel mehr an uns als menschliche Individuen. Da wir für "Lady In Gold" und auch bereits davor, dermaßen lange auf Tournee waren und dazu auch noch jede Menge an Festival-Shows absolviert haben, waren wir allesamt körperlich ans Limit geraten. darüber hinaus fühlten wir uns auch psychisch einigermaßen niedergeschlagen. Ich glaube, wir standen allesamt kurz vor einem derben "Burn Out". Im Nachhinein war es wohl eher ein Befreiungsschlag, dass ausgerechnet in jener Phase unser Gitarrist Dorian Sorriaux das Handtuch schmiss und seinen Ausstieg bekanntgab. Zunächst war das natürlich ein Riesenschock für uns, doch im Nachhinein betrachtet muss ich zugeben, dass uns die daraus resultierende Krise auf lange Frist sogar gutgetan hat. Durchaus möglich, dass wir heute nicht über ein weiteres Album, ja noch nicht einmal mehr über die Band sprechen würden, wenn es anders weitergegangen wäre.
Habt ihr Euch denn gar nicht um einen neuen Gitarristen umgesehen, oder gab es einen bestimmten Grund für Zack vom Bass zur Gitarre zu wechseln?
Wir hatten das Glück, erst gar nicht nach einem neuen Gitarristen suchen zu müssen. Da Zach ohnehin überaus versiert an der Sechssaitigen ist und seit jeher Riffs und Songideen lieferte, lag es auf der Hand. Dazu kommt auch noch, dass er vor einigen Jahren damit begonnen hat sich ein Studio einzurichten und sich zum Sound Engineer ausbilden zu lassen. Dadurch haben wir zwar im Vorfeld ein paar Monate zusätzlich verloren, doch es hat sich ausgezahlt. Zach hat für "Holy Moly!" also nicht die Gitarren und einen Teil der Bassspuren eingespielt, sondern darüber hinaus auch die Vorproduktion bei ihm zu Hause über die Bühne gebracht. das wiederum hat uns nicht nur viel Geld, sondern auch jede Menge Zeit erspart. Auch wenn es auf Grund aller "Nebengeräusche" komisch klingen mag, kann ich Dir sagen, dass wir noch nie dermaßen rasch mit den Aufnahmen eines Albums fertig waren.
Diese Spontanität ist hörbar. Mehr noch, ich denke, dass ihr auf "Holy Moly!" irgendwie freier klingt als auf "Lady In Gold". Kannst Du ungefähr nachvollziehen, was ich empfinde?
Absolut! Du kennst die Band seit den ersten Veröffentlichungen, oder? Anders lässt sich so ein Vergleich nämlich nicht herstellen. Und ja, auch wir sind der Meinung, dass wir jetzt wieder auf einem Lockerheits-Level agieren, wie einst unserer EP und dem selbstbetitelten Debüt.
Dennoch haben die Songs noch nie dermaßen persönlich gewirkt als jetzt.
Auch das stimmt, wobei das an den Texten liegt. Es gab eben jede Menge an Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten und Jahren machen haben müssen, die es zu verarbeiten gab. Musik eignet sich immer noch bestens dafür, warum also hätten wir unsere Gefühle auf andere Art ausdrücken sollten. Klar werden mich viele Fans und Journalisten in erster Linie auf 'Proud Woman' ansprechen. Na und? Ja, ich bin eine Frau, habe eben eine Meinung und zu der stehe ich auch!
Mich persönlich sprechen aber der knallharte Blues-Rocker 'Low Road' und das tiefenentspannte, ein gehörige Dosis Hippie-Flair in die Bude zaubernde 'California' noch stärker an. Da dein Gesang in beiden Tracks sehr emotionsgeladen daherkommt, denke ich, dass es sich auch hierbei um persönliche Themen geht. Schreibst Du Texte generell als "Krisenbewältigung"?
Sehr häufig. Allerdings unterscheiden sich die beiden Songs, die Du erwähnt hast, doch sehr deutlich. 'Low Road' ist an sich auf jeden Fall zur erwähnten Krisen-Thematik zu zählen, schließlich handelt die Nummer von der Ausweglosigkeit des Menschen im Kampf mit sich selbst. Wenn eine Entscheidung getroffen werden muss, hilft es einfach nicht, den Zeitpunkt für einen Entscheidung immer weiter hinauszuzögern. Irgendwann muss man sich schließlich für eine Sache entscheiden. Viele Menschen wollen das aber einfach nicht einsehen und schaden dadurch sich selbst, aber auch anderen ganz gewaltig.
'California' handelt dagegen vom Gegenteil einer Krise. In diesem Track geht es schlicht um die sensationell geile Zeit, die ich dort verbringen durfte. Diese Nummer ist meine Hommage an eine der aufregendsten Gegend dieser Welt. Außerdem bin ich Kalifornien auf ewig meinen Dank schuldig, schließlich wurde die Band dort gegründet!
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