Irgendwann im vergangenen Jahrzehnt entstand bei meist in die Jahre gekommenen Sangesgrößen der Trend, mangels zündender kompositorischer Eingebungen entweder das “Great American Songbook” oder auch den Backkatalog verblichener oder kontemporärer Kollegen zu durchforsten.
Um der Wahrheit Ehre zu geben hatte Frau Hynde seit der letzten offiziellen PRETENDERS-Scheibe “Break Up The Concrete” anno 2008 (“Alone” von 2016 war genau genommen ein Solo-Werk mit Session-Musikern) kaum Epochales zu vermelden, auch der Alleingang mit “Stockholm” (2014) konnte bei Kritikern und Fans wenig Begeisterung entfachen.
Für “Valve Bone Woe” hat sie ihr einstiges Faible für Jazz wiederentdeckt und eine interessante Selektion aus Standards ebenso wie unbekannteren Titel großer Autoren getroffen. Während sie auf dem Opener “How Glad I Am” (Jimmy Williams) stimmlich nicht unbedingt überzeugen kann erweist sich die beseelte Intonation von Frank Sinatra’s “I’m A Fool To Want You” als erstes Highlight, gefolgt von “I Get Along Without You Very Well” (Hoagy Carmichael) und “Hello, Young Lovers” (Rodgers/Hammerstein). Das Charles Mingus-Opus “Meditation On A Pair Of Wire Cutters” wird hier im komprimierter, dreiminütiger Freestyle-Version mit Chrissie’s Stimme als zusätzliches Instrument zum Besten gegeben und “Naina” (John Coltrane) kommt gänzlich ohne Gesang aus. Am allerwohlsten scheint sich die Lady jedoch bei der Interpretation von kontemporäreren Liedern in jazzigen Arrangements zu fühlen: Nick Drake’s “River Man” weiß mit reduziertem Tempo und großen Pianoläufen zu überzeugen, der BEACH BOYS-Klassiker “Caroline, No” akzentutiert mit spartanischer Instrumentierung den rauchigen Gesangsvortrag und “No Return”, aus der Feder von Ex-Lover Ray Davies, vermag im nonchalanten Swing-Setting das Original nahezu zu übertreffen.
Ein durchaus gelungener Genre-Wechsel der ihr gut zu Gesicht und Stimme steht.