EARTHLESS Night Parade Of Hundred Demons

Nuclear Blast Records / Go2Go

Wahnsinn darf gehört, nicht aber gesehen werden

 

 

Auf "Black Heaven", dem letzten Studioalbum überraschten EARTHLESS einigermaßen. Schließlich hatte sich das Trio dazu entschlossen einen Teil der sechs Songs mit Gesang auszustatten. Gitarrist Isaiah Mitchell erfüllte diese Aufgabe auch durchaus zufriedenstellend, weshalb man mit Spannung erwarten durfte, was sich das südkalifornische Trio für weitere Veröffentlichungen überlegen würde.

Offenbar eine ganze Menge, wobei der zuletzt eingeschlagene Weg wieder verlassen wurde. Das bezieht sich nicht bloß darauf, dass es nun erneut ausnahmslos instrumental zur Sache geht, sondern auch, weil die zuletzt teils tiefenentspannte und psychedelische Wirkung ihrer Musik wieder gegen deutlich harschere, teils regelrecht rabiat vorgetragene Fuzz-Gitarren und Rock-Fragmente ersetzt wurde. Mitunter hat man fast den Eindruck die Band würde sich wieder auf ihre Anfänge besonnen haben und kredenzt lediglich drei Nummern mit überdimensionierter Länge. Durchaus denkbar also, dass man sich beim Hören an das lediglich zwei LP-Seiten umfassende Debüt "Sonic Prayer" erinnert fühlt, auf dem es auch nur je ein Lied pro Seite zu hören gab.

An sich haben EARTHLESS zwar eigentlich drei Tracks auf "Night Parade Of One Hundred Demon" verewigt, da jedoch der Titelsong in zwei Teile zu jeweils rund 20 Minuten Spielzeit gegliedert ist, scheint Verwirrung diesbezüglich vorprogrammiert. Die jedoch löst sich schnell wieder auf, denn beim Hören erweist sich einmal mehr, dass Klänge wie diese immer noch dann ihre Wirkung am besten entfalten, wenn man das Album am Stück genießt. Speziell dann erkennt man auch, dass EARTHLESS dem bereits in früheren Zeiten gerne angestellten Vergleich, die Band würde wie eine Mischung aus Jimi Hendrix und BLACK SABBATH klingen, zumindest phasenweise tatsächlich entspricht.

Ich vermeine im Finale 'Death To The Red Sun' zusätzlich auch noch den Einfluss von KYUSS herauszuhören, gut möglich also, dass der Titel bewusst gewählt wurde. Ins Gesamtkonzept passt der Track auf jeden Fall perfekt. Da aber dennoch die härteren Sequenzen im Vergleich zu den letzten Drehern dieses Mal wieder die Überhand behalten, ist man mittlerweile sogar deutlich näher an SABBATH denn je, selbst wenn Isaiah sein Arbeitsgerät wesentlich häufiger in Manier seines erklärten Vorbildes bearbeitet als Doom-Ikone Iommi nachzueifern.

Zwar hatte die Band im Vorfeld bekanntgegeben, für den Titelsong ihre ersten, jemals gemeinsam geschrieben Riffs aus dem Archiv geholt, und verwendet zu haben, zur aktuellen Gangart wurde das Trio aber dennoch nicht vom eigenem Material inspiriert, sondern von einer japanischen Legende namens "Hyakki Yagyō". Diese bedeutet übersetzt eben "Night Parade Of One Hundred Demons" und erzählt davon, dass einmal im Jahr eine Hundertschaft an Dämonen in den Dörfer einfällt, und jeder, der die Kreaturen zu Gesicht bekommt, dem Tod geweiht ist.

Diese Idee, inklusive der Erklärung, weshalb sich Menschen bevorzugterweise in ihren Häusern verbarrikadieren, haben EARTHLESS aufgegriffen und quasi den "Soundtrack" dazu erschaffen. Schließlich darf der "Wahnsinn" gehört werden, wenn man schon tunlichst vermeiden sollte, ihn auch zu sehen.

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