Uneingweihte mögen in Eli Paperboy Reed eine alte Blues-Legende vermuten, tatsächlich hat sich der 39-Jährige seit seinen High School-Tagen dem Soul und R&B verschrieben. Angesichts des vorliegenden Longplayers stellt sich natürlich die Frage, ob der junge Soulman tatsächlich glaubhaft das Songbook Merle Haggard’s, einer der größten Country and Western-Legenden interpretieren kann?
Um es gleich vorweg zu nehmen: Er kann! Und das ganz vortrefflich! Immerhin hat sich auch Ray Charles anno 1962 mit “Modern Sounds in Country and Western” dem Metier verschrieben und Bobby Womack wollte es knapp 15 Jahre danach mit “BW Goes C & W” auch mal genau wissen. Obwohl Eli bei weitem kein Ray Charles ist (ehrlich, wer ist das schon?), hat er sich auf seinen sechs bisherigen Longplayern als stimmgewaltiger und ausdrucksstarker Interpret etabliert.
Fakt ist, dass Eli seit Jahren ein glühender Haggard-Verehrer ist und dieses Tribute schon seit längerem am Schirm hatte, wie so manch anderer hat er die Zeit der Pandemie genutzt um es zu realisieren. Er vertiefte sich ernsthaft in das musikalische Vermächtnis seines Idols und bediente sich teils bekannter Titel wie “Mama Tried”, das hier in prächtigem Stax/Otis Redding-Makeover definitv für Verzückung sorgen kann, oder “Silver Wings”, dem er einen reizvollen Salomon Burke-Groove verordnet hat. So richtig funky zieht Eli dann mit “I’m Gonna Break Every Heart” in bester Wilson Pickett-Manier vom Leder und taucht mit fetten Bläsersätzen auf “Teach Me To Forget” tief in Muscle Shoals-Gefielde ein, bevor “Sweet Hello” als Slow Waltz um die Ecke kommt.
Es ist großes Kino, wie Eli Reed hier Genre-Grenzen verschwimmen lässt und den Spirit dieser Songs auf sehr persönliche Art wiederbelebt.