FISH Weltschmerz

Chocolate Frog Company

Das Abschiedswerk eines großen Künstlers

 

Wie bei vielen anderen, hat sich auch bei diesem Album der ursprüngliche Zeitplan nicht einhalten lassen. An sich war nämlich vorgesehen dieses Album spätestens im Frühling zu veröffentlichen und im Herbst 2020 damit auf Tournee zu gehen. Das spielte es aber eben nicht, weshalb die Sache etwas eng werden dürfte, da zwischen dem Tag der Veröffentlichung und dem Tour-Start nur noch ein paar Tage liegen.

Das ist zwar insofern traurig, da die Fans die Scheibe bis dahin wohl nur schwer intus haben werden, im Endeffekt ist es aber doch nur ein Tröpfchen auf dem berühmten heißen Stein. Denn völlig unabhängig davon hat FISH bereits vor Monaten angekündigt sich mit „Weltschmerz“ aus dem Musik-Business zurückzuziehen und die besagte Tour als Abschiedsreise zu betrachten.

Eine solche Entscheidung muss man respektieren, auch wenn in Fan-Kreisen tiefste Bestürzung darüber herrschte, als der Schotte seinen „Pensionsantrag“ öffentlich machte. Dieser ist jedoch absolut verständlich und auch nachvollziehbar, schließlich hat Derek William Dick, so der bürgerliche Name des Barden, seine Fans seit mehr als 30 Jahren mit den unter seinem Namen aufgelegten Scheibletten mit feinstem Stoff versorgt und schon eine Dekade davor mit MARILLION für Prog-Feinkost der edelsten Art gesorgt.

Dass FISH eine nur schwer zu füllende Lücke in der Prog Rock-Szene hinterlassen wird, steht außer Frage. Ebenso aber auch, dass er sich mit seinem letzten Album auf mehr als nur ansprechende Manier verabschiedet. „Weltschmerz“ verbreitet nämlich nicht bloß auf Grund der Tatsache, dass es sich um das finale Werk des eingefleischten Fans des schottischen Erstligisten Hibernian FC handelt, ein überaus hohes Maß an sentimentaler Melancholie.

Das war in einem gewissen Maß auch zu erwarten, auch wenn es zu keiner Sekunde allzu „weinerlich“ zugeht, wie man auf Grund es Titels durchaus befürchten hätten können. Doch davon ist der gute Mann meilenweit entfernt. Stattdessen liefert er mit dem auf zwei Silberlinge aufgeteilten Material jede Menge Stoff zum Nachdenken.

Damit wird er dem Titel ebenso gerecht wie mit seinen, nahezu vollständig autobiographisch angelegten Texten. Da dem Schotten in den letzten Jahren, sprich in der Zeit des Komponierens der insgesamt zehn Titel, einige persönliche Dramen widerfahren sind, darf die generell eher düstere Atmosphäre nicht verwundern. Ebenso sollte sich herumgesprochen haben, dass FISH längst fernab von jeglichen Konventionen Musik kreiert und man daher nie irgendetwas vorhersehen kann.

Kurzum, „Weltschmerz“ ist von der Basis her ein stilistisch nicht ganz einfach begreifbarer und nicht viel einfacher zu beschreibender „musikalischer Hybrid“ geworden. Dieser beinhaltet unzählige Facetten dessen, die man landläufig als „Progressive Rock“ bezeichnet. Aber auch zahlreiche Reminiszenzen aus dem Jazz sowie aus der World Music sind zu vernehmen. Alles jedoch durchgehend stringent arrangiert und zu keienr Sekunde sperrig. Um all diese Ideen auch entsprechend umzusetzen, hat der Schotte nicht nur erneut seine Langzeit-Getreuen Steve Vantsis als Co-Komponisten und Calum Malcolm als Produzenten um sich geschart, sondern sich darüber hinaus auch Könner wie IT BITES- und LONELY ROBOT- Gitarristen John Mitchell, Drummer Craig Bundell, der zuletzt mit Steve HACKETT gearbeitet hat und VAN DER GRAAF GENERATOR-Saxophonisten David ins Boot geholt.

Als besonders ergreifend entpuppen sich während der knapp 80 Minuten Spielzeit das fast schon aus dem Rahmen fallend fröhlich arrangierte 'The Party's Over', das dezent folkloristisch ummantelte, von Doris Brendel mit feinen Hintergrund-Gesängen ausgestattete und vom „Scottish Chamber Orchestra“ mit Kammermusik-Zitaten auf elegante Weise unterlegte ‚Rose Of Damascus‘ sowie das berührende 'Garden Of Remembrance', in dem sich FISH mit dem Thema Demenz auseinandersetzt. Unbedingt gehört haben muss man aber auch die dreiteilige Final-Suite, die im elegischen Titelsong, der dem Hörer wahrlich die Tränen in die Augen treibt, ihr tiefschürfendes Ende findet.

Vielen Dank für dieses letzte, unter die Haut gehende Album, Mr. Dick. Wenn in Zukunft von einem „Abschiedswerk“ die Rede ist, wird „Weltschmerz“ wohl als Referenz dienen. viel packender kann man den Weg in die "Musiker-Rente" nämlich nicht inszenieren!

Uns bleibt zum Glück das nun um "Weltschmerz" ergänzte, durch die Bank imposante Lebenswerk dieses Mannes, dem wir auf diesem Weg viel Spaß bei seiner zukünftigen Hauptbeschäftigung, dem Gärtnern wünschen.

fishmusic.scot

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