INGA RUMPF Beschenkt sich selbst zum 75er

ear music

Ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte

Irgendwann, vielleicht sogar im letzten Jahrtausend, auf der Musikmesse in Frankfurt. Termin beim einem Mikrofonhersteller – “Wir haben morgen Inga Rumpf bei uns am Stand, möchtest du mit ihr ein Interview machen?” Ich mochte.

Zeitraffer: Frühsommer 2021. Inga Rumpf hat ein neues Album in den Startlöchern, genau genommen sind’s sogar zwei. Ob ich ein Interview machen wollte? Ich wollte, sehr gerne sogar. Es wurde dann zur Überraschung ein Zoom-Termin angeboten, also fast in echt. Fast wie damals.

Weißt du noch, wann das Interview auf der Musikmesse gewesen sein könnte?

“Nein, da muss ich leider passen. Ich erinnere mich zwar, das eine oder andere Mal auf der Messe gewesen zu sein, aber wann … ?”

Inga Rumpf wird demnächst 75, sieht blendend aus und trägt noch immer schwarz/weiß-gestreifte T-Shirts.

“Gut beobachtet (lacht)! Das kommt ja aus der Seefahrt. Ich stamme aus Hamburg und da sind diese Streifen sehr beliebt.”

Man tut’s zwar nicht, aber ich erlaube mir dir jetzt schon zum Geburtstag zu gratulieren. Ich denke du hast dich mit den beiden Alben selbst beschenkt, oder?

“Das kann man durchaus so sehen. Es ist eine große Freude für mich, dass sie überhaupt veröffentlicht werden. In Zeiten wie diesen eine Plattenfirma zu finden ist ja auch nicht einfach. Noch dazu erscheint fast zeitgleich mein Autobiographie "Darf ich etwas vorsingen?", man kann die beiden Alben eigentlich als Soundtrack dazu sehen.”

Spannend! Ich denke dass du da auch über deinen musikalischen Werdegang berichtest, über deine Karriere die sich mittlerweile über 56 Jahre erstreckt, wenn ich richtig informiert bin …

“Ich hatte mich bereits mit 16 sehr für Musik und auch das Musikmachen interessiert, aber das war zu einer Zeit wo du bis 21 schon um 10 Uhr zuhause sein musstest. So habe ich die Anfangsjahre mehr mit dem Studium der Musik, die ich geliebt habe, verbracht. Freunde hatten mir ein paar Harmonien auf der Gitarre beigebracht und ich hatte dann schon ein kleine Band, eine Skiffle Band mit der ich gelegentlich in einem Jugendhaus in St. Pauli spielte. Der Engländer John O’Brien-Docker kam damals nach Hamburg und suchte nach jungen Gesangstalenten, mit denen er die CITY PREACHERS gründen wollte und ich war dabei. Das war noch zu meiner Lehrzeit und mir war dann klar, dass ich mit Musik mein Leben verbringen wollte. Steht übrigens alles im Detail in meinem Buch…”

Ok, das werde ich mir dann auch schleunigt besorgen. FRUMPY setzte dann Maßstäbe, die Mischung aus Blues, Rock und Psychedelic war definitiv eine Klasse für sich. 1972 erwuchs daraus ATLANTIS mit fast den identen Gründungsmitgliedern und hier gab’s ja internationalen Erfolg …

“Mit FRUMPY hatten wir in nur Europa getourt, mit ATLANTIS wurde der Sound kompakter, kommerzieller und da kam ein amerikanischer Promoter rüber, fand uns gut und buchte eine mehr als dreimonatige US-Tour für uns. Wir spielten im Vorprogramm von LYNYRD SKYNYRD und AEROSMITH, kamen echt gut an aber unsere Plattenfirma hat nicht mitgezogen und unser Album war in Amerika nicht erhältlich. Die pressten gerade 3000 Stück und das reichte nicht mal aus um die Radiostationen zu bemustern. Das war echt frustrierend für uns. Als wir wieder nach Deutschland zurückkamen machten wir zwar noch eine Platte, schon in teils anderer Besetzung, und danach lösten wir uns auf.”

Es folgten eine Solo-Karriere und auch einige Bandprojekte, mit zahlreichen Alben und oft unterschiedlichen Ausrichtungen – dein letztes Studio-Werk hattest du 2007 rausgebracht, warum die lange Pause?

“Ich spiele ja am liebsten live, ich brauche die Bühne und das Publikum. So habe ich dann zwischendurch immer wieder mal “Live-Bootlegs” veröffentlicht, das passte für mich.”

Und jetzt hat du mit “Universe Of Dreams” einen neuen Longplayer am Start, mit größtenteils brandneuen Songs …

“Genau. Die meisten davon habe ich in den letzten Monaten geschrieben, nur einige hatte ich in der Schublade liegen, Songideen die ich jetzt fertiggestellt hatte. Drei Nummern sind ältere Kompositione, und zwar “Singing Songs” von FRUMPY damals 1972, das ich sehr mag weil es die Nähe zu meinem Publikum beschreibt. Da ist auch “I Wrote A Letter”, das damals Tina Turner auf ihrer Comeback-Single auf der B-Seite hatte – das war für mich ein Glücksfall, da sich die Platte enorm gut verkaufte. Meine Produzent riet mir, das Lied neu und bluesig einzuspielen und das habe ich dann entsprechend bearbeitet. Und da ist dann noch der Bonus-Track, die Cover-Version von “I’ve Been Loving you”. Ich hatte die auf einer alten Kassette und gar nicht mehr am Schirm, ich fand sie dann richtig gut und machte noch eine neue Version oben drauf.”

Beim Durchhören der Songs stellt sich ein wohliges Déjà Vu, die unverändert packende Stimme, der vertraute Groove, das sind zeitlos gute Nummern, ohne Ablaufdatum. Es ist fast unmöglich Highlights auszuwählen, wenn dann würde ich den Titelsong mit dem herrlichen 70ies-Groove, “Hold On Slow Down”, “Never Too Late” und “All In Good Time” nennen, die für mich alle eine sehr persönliche Note haben …

“Ich freue mich dass du das so siehst, ich seh das auch so. Ich denke beim Songschreiben nicht lange über die Texte nach, die kommen meist spontan und ehrlich, verknüpft mit Emotionen. Auf dem Album findest du die ganze Stilpalette, die ich mir im Laufe meine Karriere geschaffen habe.”

Und dann ist da noch “Hidden Tracks”, ein Bonus-Album mit Archivmaterial aus den Jahren 1988 bis 2014. Was hat es damit auf sich?

“Die Platte ist entstanden als ich meine Biographie schrieb. Da hatte ich viel zu recherchieren, bin dabei auf mein Musikarchiv gestoßen. Ich fand diese alten Aufnahmen und dachte, es ist zu schade die einfach verstauben zu lassen. Da sind drei Tracks dabei die ich für Island Records bei eine Bonnie Raitt-Studiosession aufgenommen hatte, und dann kamen Ronnie Wood und Keith Richards in unseren Übungsraum. Keith hatte von mir gehört und kam mit seiner Managerin daher, um mich kennenzulernen. Wir haben dann gejammt, Keith hatte für sich und Ronnie Jack Daniels mit dabei und für mich eine Kiste bayrisches Bier. Aufgenommen haben sie die Gitarren-Parts dann in unterschiedlichen Studios, Keith in New York, Ronnie in London und dann kam auch noch Mick Taylor dazu …

Eine coole Story! Über die restlichen Schmankerln auf diesem Bonus-Rundling darf sich dannn jeder selbst informieren.

Danke, Inga, für das nette Plauscherl!

https://www.ingarumpf.de