19. Februar 1979, Wiener Konzerthaus: Joan Armatrading, Support George Duke. Ein etwas ungewöhnliche Paarung, jedoch ein unvergesslicher Abend mit fulminanten Sets beider Protagonisten. Begeistert, mit schmerzenden Händen ob des wiederholten Zugaben-Einklatschens der schier unermüdlichen Künstlerin konnte auch die Tatsache, dass mein vor der Halle wagemutig geparktes KFZ abgeschleppt worden war, die Stimmung nur marginal trüben.
Zeitraffer. 28. Mai 2010, Gasometer: Aufgrund unerwartet niedriger Besucherzahlen wurde die Halle mit Stehtischen aufgelockert und man hatte Bewegungsfreiheit. Frau Armatrading ließ sich durch diesen Rahmen in keiner Weise beirren und lieferte ein mitreißendes Programm mit jeder Menge Hits und Songs aus dem gerade erschienenen Longplayer “This Charming Life”. Wer’s versäumte war selbst schuld!
Just als die umtriebige 70-Jähige letztes Jahr die Aufnahmen für “Consequences” beginnen wollte setzte die Pandemie ein. Während die Musikwelt größtenteil zum Stillstand kam brachte dieser Umstand für Joan nur geringfügige Anpassungen mit sich, nimmt sie doch seit 2003 ihre Alben gänzlich im Alleingang auf. Auf dem Presse-Sheet zu ihrem 20. Studio-Oeuvre ist zu lesen: Joan Armatrading – Author, Composer, Effects, Electric Guitar, Accustic Guitar, Vocals, Backing Vocals, Percussion, Strings, Drums, Keyboards, Piano, Programmer, Recording Engineer. Da fehlen einem glatt die Worte …
Ihr größter Hit “Love And Affection” von 1976 beginnt mit der Textzeile “I’m not in love but I’m open to persuasion” – derart memorable Statements sucht man auf “Consequences” vergeblich, aber Joan Armatrading’s Lieder sind unvermindert von Empathie und Versonnenheit geprägt, sie singt über Liebe, Freundschaft, Familie und Gemeinschaft, über Sehnsucht, Kummer und Heilung.
Die Songs feiern Liebe auf den ersten Blick (“Already There”) und hemmungslose Verschossenheit (“Glorious Madness”), aber thematisieren auch emotionalen Aufruhr (“Consequences”) und bittere Einsamkeit (“To Anyone Who Will Listen”).
Die Gesamtspielzeit ist mit rund 35 Minuten leider etwas knapp bemessen, aber wie Joan Armatrading auf dem Opener singt “We’ve got natural rhythm / We laugh at the same time / We’ve got skin to skin / We’ve got heart to heart” – lasst uns dieses Album, lasst uns das Leben genießen. Nur darum geht’s. Danke, Joan!