Aufgewachsen mit Spät-Sechziger Popmusik konvertierte ich dank meines allerersten Rock-Konzerts – Jimi Hendrix im Wiener Konzerthaus – rasch zu härteren, experimentielleren Klängen vorrangig britischer oder amerikanischer Machart, bis ich dann zu Anfang der 70er durch meinen besten Kumpel mit einem Genre vertraut gemacht wurde, das unter dem eigentlich wenig schmeichelhaften Terminus "Krautrock" in die Musikhistorie einging. Wir hörten AMON DÜÜL, CAN, KIN PING MEH, GURU GURU und … KRAAN!
KRAAN waren jung und unangepasst, lebten ganz dem Zeitgeist gemäß in einer Kommune auf einem Bauerhof in Wintrup (Namensgeber des zweiten Albums von 1973) und ihre Songs bestachen durch die kollektive Virtuosität des Quartetts Hellmut Hattler (bs), Peter Wolbrandt (git, voc), Jan Fride Wolbrandt (dr) und Johannes “Alto” Pappert (sax) wie auch durch skurille Titel wie “Sarah’s Ritt Durch Den Schwarzwald”, “Gut Und Richtig” oder “Nam Nam”.
Zum Auftritt der Band, mittlerweile verstärkt durch Ingo Bischof an den Keyboards, am 13. Juli 1975 in Porta Westfalica gibt es herzlich wenig Informationen, außer dass die qualitativ überraschend gute Aufzeichnung des etwas mehr als einstündigen Gigs in einem Archiv verschwand und seitdem dort den Dornröschenschlaf praktizierte. Lag vermutlich daran, dass man sich das erst einige Monate zuvor erschienene “Live”-Album nicht abschießen wollte da auch die Setlists der beiden Scheiben relativ ähnlich waren. Allerdings hatten KRAAN auf “Porta Westfalia 1975” mit “Prima Klima” und “Luftpost” zwei Songs vom brandneuen Studio-Dreher “Let It Out” dabei, ansonsten wurden mit “Holiday Am Matterhorn”, “Andy Nogger / Gutter King”, “Kraan Arabia” “Hallo Ja Ja, I Don’t Know” und dem oben erwähnten “Sarah’s Ritt Durch Den Schwarzwald” durchwegs Fan-Favoriten zum Besten gegeben. Die Jungs präsentierten sich hier in unbändiger Spielfreude und setzten gegenüber “Live” dank Ingo Bischofs famosen Tastenläufen noch mächtig einen drauf, im direkten Vergleichstest hat die neue Scheibe für mich die Nase vorn.
Darf somit in keiner achtbaren KRAAN-Sammlung fehlen. Chapeau!