„The Sound Of Music“ von LAIBACH. Wer hätte das gedacht. Und: das passt eigentlich supergut! Die slowenischen Meister der affirmativen Überidentifikation und Retroavantgarde sind bekannterweise als akademisches Kunstprojekt entstanden, haben sich Popkulturgut angeeignet und dabei deren totalitäre Ästethik in den Vordergrund gespühlt. Um daraufhin für ein Weilchen von Faschisten abgefeiert zu werden. Nicht wenige Linke gingen auf fragend-verunsicherte Distanz. Verrückte Welt. Von der stilistischen Ebene des Laibachschen Martial Industrial beeinflußt, haben andere dann sogar eine richtige Rockstarweltkarriere aufgebaut (RAMMSTEIN).
Und erst kürzlich sorgte das gleiche Konzept in Österreich für Aufsehen: Die feministische „Burschenschaft“ HYSTERIA präsentierte die Pop-Kunstfigur HYÄNE FISCHER und postulierte, diese zum Song Contest nach Tel Aviv schicken zu wollen. Inklusive Eva Braun- & Obersalzbergästethik, Lodenmäntel und zwei- bis dreideutigem, pathetischen Romantik-, Land- & Kraftmeierei-Text. Grandios gelungen muss man feststellen. Das wärs gewesen! Man sieht: das künstlerische Konzept der NSK (Neue Slowenische Kunst) ist topfresh wie eh und jeh und vielseitig anwendbar.
Die Entstehung von „The Sound Of Music“ fußt auf der völlig unfassbaren Konzertreise von LAIBACH in das stalinistische Nordkorea, welche von Regisseur Morten Traavik im Film „Liberation Day“ auch gut dokumentiert wurde. Und jetzt kommt’s: „The Sound Of Music“ ist in Nordkorea megapopulär. Und für diese Reise hat sich die Band ein paar Songs einverleibt. Damit die Nordkoreaner_innen was zum mitsingen hätten, wenn sie sich mitsingen trauen würden. Was natürlich undenkbar wäre. Andererseits finden sich am Album auch Stücke wie „Arirang“, der LAIBACH-Interpretation eines traditionellen koreanischen Volksliedes, sowie Aufnahmen des Schulorchesters der Kum Song Music School in Pjöngjang. Ebenso die Begrüßungsrede von Mr. Ryo vom Komitee für kulturelle Beziehungen der Demokratischen Volksrepublik Korea, der LAIBACH im Land willkommen hieß. Alles sehr irre. Aber wie sagte Slavoj Žižek so treffend: „Laibach are not an answer – they are a big question mark.“
Uraufgeführt wurde das Werk am 20. September 2018 passenderweise in Ösihausen am Steirischen Herbst in Graz mit Streichersextett und Kinderchor und selbstverständlich diskursiven Theoretisieren über den performativen Gesamtirrsinn mit den Festivalkuratorinnen.
LAIBACH spielen übrigens am 21.2.2019 wieder mal in Wien. In einer Location die von sub- wie popkulturellem Publikum nach wie vor recht skeptisch beäugt wird: der SIMM CITY! Ehemaliges Volksheim der SPÖ Simmering der 70er Jahre und in ebengleichem Charme im 1. Stock des EKZ (Einkaufszentrum) Simmering untergebracht. LAIBACH sind mit ihrer Mischung aus Subversion, Überaffirmation und martialischem Working Class / Commie Chic dort eigentlich am perfekten Platz. (O.k., Schutzhaus Zur Zukunft Schmelz oder Haus Des Meeres Flakturm Bunker Haifischbecken wäre auch noch geil gewesen.) Das nenn ich konzeptuelles Veranstalten auf denkbar höchstem Niveau. Ein guter Grund sich die Band wirklich wiedermal anzusehen, obwohl sie eh regelmäßig nach Wien kommen.
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