MAGGIE BELL

Streifzug durch die Vergangenheit

Man ließ mich im Vorfeld wissen dass Maggie Bell mit neumodischen Technolgien nichts am Hut hat, also kein Facetime und kein Zoom. Auch gut, also die Nummer gewählt und schon hatte ich die Lady mit der unvermindert rauchigen Stimme am Rohr.

Hallo nach England, wie geht’s euch jetzt gerade drüben?

“Danke, es geht mir hervorragend. Allerdings sitze ich hier fest da man keine Ahnung hat, was dieser Regierung morgen wieder einfällt. Eigentlich sollte ich jetzt gerade wieder mit der HAMBURG BLUES BAND auf Tour gehen … Wir waren fast 10 Jahre immer wieder gemeinsam unterwegs, ich bin regelmäßig freitags zum Flughafen gefahren, nach Hamburg geflogen und am Montag wieder retour. Das möchte ich ohnehin nicht mehr so regelmäßig tun, dafür werde ich langsam zu alt.”

Ich kann mich noch gut an euer letztes Konzert im Wiener Reigen erinnern. Sag, hast du eigentlich mit STONE THE CROWS jemals in Wien gespielt? Ich finde da leider keine Informationen.

“Hmm, das ist schon unheimlich lange her. Ich kann mich auch nicht mehr so erinnern, aber ich denke schon, wir haben damals ja ständig in Europa getourt. Ich muss da mal Colin (Allen, STC-Drummer) fragen, mit ihm bin ich noch immer regelmäßig in Kontakt.”

Das deutsche Repertoire-Label hat kürzlich alle STC-Alben neu aufgelegt, remastert und mit interessanten Infos und Details im Booklet.

“Ja, der Chef des Labels, Thomas Neelsen, ist ein unheimlich netter Kerl. Er liebt Musik und STONE THE CROWS ganz besonders (lacht). Nein, im Ernst, die Jungs haben wirklich ganz Arbeit geleistet und ich wurde eingeladen, zu den Linernotes beizutragen. Es ist auch toll zu sehen, dass unser alten Alben – die haben mittlerweile auch schon 40 Jahre auf dem Buckel – noch immer gefragt sind.“

Ihr wart ja damals zuerst unter dem Namen POWER unterwegs, warum habt ihr euch umbenannt?

“Peter Grant, der gerade LED ZEPPELIN zum Druchbruch verholfen hatte, wollte noch eine weitere Band unter Vertrag nehmen. Ein Freund hatte uns ihm empfohlen, er kam zu einem unserer Konzerte und signte uns auf der Stelle. Peter meinte, der Name wäre zu alltäglich und wir bräuchten einen, den sich die Leute sofort merken. Und dann kam er am nächsten Tag und sagte: “Ihr heißt jetzt STONE THE CROWS!” Ok, dachten wir, warum nicht?

Euer erstes selbstbetiteltes Album erschien 1970. Die Kritiker lobten es, aber die Verkäufe hielten sich in Grenzen…

“Unser Gitarrist Leslie Harvey, der auch mein Lebenspartner war, hatte die Songs gemeinsam mit uns (James Dewar, bs, und Colin Allen, dr) geschrieben, darunter das überlange, ziemlich progressive “I Saw America” (17:08), und wir nahmen – ein wenig aus kommerzieller Überlegung, aber hauptsächlich weil wir den Song einfach sehr mochten – noch ein Cover von “The Fool On The Hill” von den BEATLES auf. Wir waren zumindest sehr zufrieden mit dem Album.”

Im selben Jahr kam dann noch “Ode To John Law” heraus…

“Wir waren damals echt busy. Touren, dann ab ins Studio und wieder ein paar Konzerte… Wir hatten uns punkto Songwriting weiterentwickelt und hatten wirklich schöne Nummer auf dem Album.”

“Love 74” war damals ein Dauerbrenner in heimischen Rock-Clubs und ihr hattet mit “Danger Zone” (Percy Mayfield) wieder ein Cover dabei.

“Tatsächlich? Ja, “Love 74” war ein geiler Song mit einem ziemlich speziellen Rhythmus. Wir hatten einfach beschlossen, die Idee mit einer Fremdkomposition beizubehalten. Die Auswahl war aber meist nicht einfach, da jeder von uns Vorschläge hatte.

Auf “Teenage Licks” von 1971 wart ihr in Höchstform, da waren jeder Menge grandioser Kompositionen drauf.

“Danke, da hast du recht. Wir hatten da mit “Big Jim Salter”, “Mr. Wizard” und “Keep On Rollin” Songs, die bei den Konzerten super gut ankamen. Und hier coverten wir Bob Dylan’s “Don’t Think Twice”, einer meiner Favourites.”

1972 kam dann die Tragödie…

“Mir kommen ehrlich gesagt noch heute die Tränen, wenn ich daran denke. Leslie erlitt auf der Bühne einen tödlichen Stromschlag. Wir hatten bereits den Großteil der Songs für “Ontinous Performance” eingespielt, und obwohl wir alle eigentlich das Handtuch werfen wollten sagten wir “lasst uns das Ding fertig machen, auch Les hätte es so gewollt." Und dann gingen wir wirklich bald getrennter Wege …”

Danach peiltest du eine Solo-Karriere an?

“Peter Grant hatte vor mich in Amerika groß rauszubringen. Ich spielte zwei Alben für Atlantic Records ein, die jedoch vom Label abgelehnt wurden und bis heute in irgendwelchen Archiven liegen. Erst als sich der Boss Ahmet Ertegün persönlich für mich einsetzte kam die Sache ins Rollen und wir nahmen “Queen Of The Night” mit den Top-Leuten der US-Studioszene auf. Wir hatten durchwegs richtig gute Songs drauf (inklusive einer Hammer-Version von ”After Midnight). Danach holte mich Peter Grant auf sein neues Swan Song-Label und wir nahmen den Nachfolger “Suicide Sal” in England mit heimischen Musikern auf, mein “Label-Kollege” Jimmy Page gastierte auf zwei der Songs.”

Auch hier gab’s eine exzellente Songauswahl, darunter die fulminate Version von FREE’s “Wishing Well” und mit “I Saw Him Standing There” wieder mal eine Lennon / McCartney-Komposition, aber der erwartete Durchbruch blieb aus …

“Leider! Aber es war auch irgendwie verständlich, ich tourte nicht mit den Alben und somit erreichte ich kaum neue Fans, und für die STC-Anhängerschaft war die Musik wohl etwas zu mainstreamig. Also beschloß ich, wieder eine Band zusammenzustellen und Rock’n’Roll zu spielen.”

Aber das ist dann eine andere Geschichte … By the way, muß noch gestehen dass ich zu STC-Zeiten ein wenig in dich verliebt war!

“Oh thank, you! How sweet, darling! Da waren wir noch jung. Jetzt bin ich zwar eine alte Krähe, der Körper macht auch nicht immer so ganz mit aber die Stimme ist noch immer fantastisch!”

Keine falsche Bescheidenheit, wo sie recht hat hat sie recht! Thank you, Maggie!

www.maggiebell.co.uk