NINA HAGEN & SPLIFF

Kreuzberger Nächte – vom “TV-Glotzer” zur NDW

NINA HAGEN BAND Nina  Hagen Band / Unbehagen Vinyl Classics Sony

Als Nina Hagen aufgrund ihre Solidarität zum systemkritischen Liedermacher Wolf Biermann 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde zog es sie erstmal nach London, wo sich gerade die musikalische Revolution des Punk entfachte. Solchermaßen initiert kehrte die 22-jährige Sängerin nach Berlin zurück und gründete mit einer Handvoll Kreuzberger Musikern die NINA HAGEN BAND.  Auf dem Cover des Debutalbum gab sich Nina mit provokanter Attitüde und Tschick im Mundwinkel, die mit exzessivem Sprechgesang intonierte Version der TUBES-Hymne “White Punks On Dope”, von ihr als “TV-Glotzer” eingedeutscht, sorgte schon mal für Aufsehen, ansonsten gings musikalisch eher traditionell in der Schnittmenge von Traditionsrock und Discobeat zur Sache, die Songs punkteten vorrangig mit Ninas schrägen Texten (“Unbeschreiblich Weiblich”, “Auf’m Bahnhof Zoo”) und der oben erwähnten skurillen Mikrofon-Akrobatik.

Die Aufnahmen zum Nachfolger “Unbehagen” gestalteten sich dann ziemlich schwierig, da sich die exzentrische Sängerin mit ihrer Band zerstritten hatte – die Jungs spielten die gesamte Musik ein und Nina kam dann allein ins Studio um die Gesangspuren drüberzulegen. Mit dem Opener “African Reggae” gab’s hier die Kiffer-Hymne par excellence und mit “Wir Leben Noch” (“Lucky Number” von Lene Lovich) sowie “Wenn Ich Ein Junge Wär” wurden auch wieder Fremdwerke in abgedrehten Versionen zum Besten gegeben.

Danach trennten sich die Wege von Nina und der Band, Herwig Mitteregger (dr,voc), Reinhold Heil (keys, voc), Berhard “Potsch” Potschka (git) und Manfred Praeker (bs) beschlossen ihr eigenes Ding zu machen und firmierten alsbald unter dem Namen SPLIFF RADIO SHOW, der dann – kurz, bündig und unmissverständlich – zu SPLIFF reduziert wurde…

https://ninahagendas.beepworld.de/

SPLIFF 85555 / Herzlichen Glückwunsch Original Vinyl Classics Sony

Während auf dem Debut noch englische Texte und rock-kabarettistische Inszenierung dominierte machte das Quartett mit der Namensverkürzung auch musikalisch reinen Tisch und kam auf “85555” mit einem kongenialen, glasklar produzierten New Wave-Rock über den Tisch, wie man es bislang in Germanien noch nie gehört hatte. Und der Dreher strotzte nur so vor Hits: Die Herrschaften bewiesen sich allesamt als brilliante Songschreiber und “Déjà Vu”, “Heut’ Nacht”, und “Carbonara” dürfen auch heute noch auf keiner anständigen NDW-Playlist fehlen.

Auf dem Nachfolger “Herzlichen Glückwunsch” wollte man etwas unkommerzieller agieren, was zur Folge hatte dass zwar mit “Das Blech” noch ein echter Knaller vertreten war, die übrigen Songs allerdings wenig Beachtung finden konnten.

Danach versuchten SPLIFF mit einem Album mit englischen Versionen der Hits auch jenseits der Landesgrenzen zu punkten – durchaus gut gelungen, jedoch leider nicht von Erfolg gekrönt…

Beide Teile kommen in der schön aufgemachten Original Vinyl Classics-Edition, preislich durchaus Börserl-freundlich!

www.sonymusic.at