Das Debütalbum der Belgier RITUALS OF THE DEAD HAND überzeugte uns auf der ganzen Länge und es lag daher auf der Hand, dass wir die Möglichkeit beim Schopf packten, der Band einen kleinen Fragenkatalog per E-Mail zu übersenden, welchen Drummer Frederik „Isangrim“ Cosemans prompt beantwortete.
RITUALS OF THE DEAD HAND ist eine ganz neue Band, kannst Du uns vielleicht zu Beginn ein paar Details über euch verraten?
Der Kern von RITUALS OF THE DEAD HAND besteht aus Filip „Lykaios“ Dupont (Gitarre, Gesang, Songwriting) und mir, ich bin an den Drums tätig bin und schreibe die Texte. Wir beide kennen uns schon seit geraumer Zeit und sind gemeinsam bei HEMELBESTORMER, einer Post Metal / Doom / Sludge / Black / Ambient Band aktiv. Als wir uns wie so oft über dies und jenes unterhielten, ich denke es war so Ende 2016 oder Anfang 2017, hatte ich die Idee, eine Band zu gründen, die sich mit intensiverer Musik beschäftigt als wir dies bei HEMELBESTORMER machen. Langsam, zerstörerisch und düster sollte es sein und ich wollte auch eine absolut grimmige, ja richtig ungemütliche Atmosphäre erschaffen. Filip, der tief im Black- und Death Metal verwurzelt ist, war von der ersten Sekunde an von diesem Gedanken begeistert. Er hat gleich danach mit dem Schreiben der ersten Songs begonnen und mir von Zeit zu Zeit Material zukommen lassen, was dazu führte, dass wir nach wenigen Monaten ein komplettes Album beisammen hatten, ohne auch nur ein einziges Mal zusammen geprobt zu haben.
Euer Debütalbum nennt sich „Blood Oath“ und ist Anfang November bei Dunkelheit Produktionen erschienen. Worauf bezieht sich denn der Albumtitel? Kannst Du die Songs ein wenig eingehender beschreiben?
Die Inspiration zu „Blood Oath“ entnahmen wir der Legende der „Bokkenrijders“, was sich mit dem deutschen Begriff Bockreiter übersetzen lässt. Diese ausgesprochen brutale und auch bösartige Räuber-Gang hat ihre Seelen an den Teufel verkauft, indem sie einen Eid auf eine abgetrennte Hand (die sogenannte „hand of glory“) geschworen hat. Die Mitglieder dieser Bande flogen auf Ziegenböcken durch die Gegend und haben große Teile des südlichen Limburg in Belgien und Holland sowie einige Teile Deutschlands (unter anderem Herzogenrath) terrorisiert, indem sie Bauernhöfe und friedliche Dorfgemeinschaften überfallen haben. In Wahrheit waren die Verbrechen der „Bokkenrujders“ wesentlich weniger schlimm und brutal, als uns die Legenden glauben lassen wollen, aber nichtsdestotrotz wurden damals eine Menge Leute verhaftet, verurteilt und hingerichtet.
„Bonderkuil“, der erste Track der Scheibe, erzählt die Geschichte der Hinrichtungen, die auf dem sogenannten „Bonderkuil“, einer Wiese, die sich nahe unserer Wohnhäuser befindet, statt gefunden haben.
„Sworn“ beschäftigt sich mit der Einweihung der einzelnen Reiter und den Ruf zu den Waffen, der von den jeweiligen Black Captains ausging. „They Rode By Night“ berichtet von den nächtlichen Raubüberfällen, die überall im Land passiert sind. Diese beiden Stücke richten ihr Augenmerk allerdings mehr auf die Sage als auf den tatsächlichen historischen Tatbestand, denn in Wahrheit gab es ganz wenige dieser Übergriffe und die meisten davon würde man heute wohl eher als Taschendiebstahl bezeichnen. Trotzdem haben die Räuber natürlich Angst und Schrecken im gemeinen Volk verbreitet und ihr Pakt mit dem Teufel war Grund genug, um sie mehr oder minder zum Staatsfeind Nummer eins zu machen.
Die Schlussnummer des Albums nennt sich „The Scourge“ und schildert die Jagd auf die „Bokkenrijders“, die von einem Mann namens Drossaard Clercx angeführt wurde. Ein „Drossaard“ war im achtzehnten Jahrhundert eine autoritäre Person, die man in etwa mit einem englischen Sheriff vergleichen kann. Lange Rede, kurzet Sinn: Dieser Typ war das Gesetz und verfolgte unzählige (angebliche) Reiter und hat sie persönlich zum Tode verurteilt, ohne jegliche Gnade walten zu lassen. Man kann sich jetzt fragen, von wem der wahre Terror ausging … von den Reitern oder von diesem Gesetzeshüter?!
Ich würde die Musik von RITUALS OF THE DEAD HAND als Black Metal bezeichnen. Stimmst du mir zu oder siehst du das ein wenig differenzierter?
Natürlich herrscht in unserer Musik ein großer Black Metal Aspekt vor, aber die Doom- und Death Metal Anteile sind genauso wichtig für unseren Sound. Die meisten Nummern sind langsam, sehr heavy und verbreiten eine extrem düstere Atmosphäre, was für mich bedeutet, dass RITUALS OF THE DEAD HAND sich das beste aus diesen drei Metal-Richtungen heraus picken und in ihren Stücken vereinen. Genau das war auch der Hauptgrund, dieses Projekt überhaupt ins Leben zu rufen, denn wir wollten unsere aufrichtige Liebe zu Doom-, Death- und Black Metal in eigenen Songs zum Ausdruck bringen.
„Blood Oath“ wurde via Dunkelheit Produktionen veröffentlicht, wie seid ihr zu diesem Label, welches mir bislang kein Begriff war, gekommen?
Filip kennt das Label schon seit Jahren und hat bereits mit Dunkelheit Produktionen zusammen gearbeitet, als er noch bei seiner früheren Band GORATH aktiv war. Über dieses Label wird extreme Underground Musik veröffentlicht und die Leute scheren sich auch nicht darum, ob sie damit Profit machen oder nicht. Was zählt, sind die Qualität und die Integrität der Bands. Als wir das Material fertig hatten, haben wir es an Dunkelheit Produktionen gesandt und sie waren sofort restlos begeistert von den Songs. Nach einigen Gesprächen und Drinks war der Deal unter Dach und Fach, was uns sehr gefreut hat, denn wir sind ohne großartige Erwartungen an die Sache heran gegangen und wollten eigentlich nur testen, ob überhaupt jemand Gefallen an unseren Tracks finden würde. Dunkelheit Produktionen glauben an das, was wir mit RITUALS OF THE DEAD HAND machen und wir werden es ihnen nie vergessen, dass sie uns die Chance gegeben haben, unsere Stücke zu veröffentlichen.
Musiker von RITUALS OF THE DEAD HAND sind auch bei HEMELBESTORMER dabei, gibt es einen gewissen Spirit, der die beiden Bands verbindet oder sind das zwei komplett von einander getrennte Projekte?
Die Hauptverbindung besteht natürlich in Filip, der bei beiden Bands einen Löwenanteil des Songwritings übernimmt, aber trotzdem unterscheidet sich RITUALS OF THE DEAD HAND in beinahe allen Bereichen von HEMELBESTORMER. Klar, beide Gruppen spielen langsame und schwere Musik, die eine Menge Atmosphäre erzeugt, aber das geschieht in einer ganz unterschiedlichen Art und Weise. HEMELBESTORMER hat mehr von einem großen kosmischen Monolithen, der in der unendlichen Dunkelheit des Alls schwebt, während RITUALS OF THE DEAD HAND einer rohen ursprünglichen und unaufhaltsamen Kraft gleicht, welche das Angesicht der Erde zertrümmert. In diesen beiden Bands zu spielen, ist ein echtes Privileg und ich betrachte mich als sehr glücklichen Menschen, dass ich die Möglichkeit dazu habe.
Handelt es sich bei RITUALS OF THE DEAD HAND nur um ein Studioprojekt oder habt ihr vor, auch live aufzutreten? Wenn ja, was können wir von den Livegigs erwarten?
Zu Beginn wollten wir nur ein Album herausbringen, denn wir dachten, dass wir zu Liveauftritten einfach keine Zeit finden würden, da wir einerseits berufstätig sind und Familien haben, andererseits natürlich viel Zeit für HEMELBESTORMER und andere musikalische Projekte aufwenden. Wir nehmen all diese Dinge sehr ernst und sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Aber je mehr die Songs Gestalt annahmen und je öfter wir das Material gehört haben, umso mehr wurden wir von dem Wunsch beseelt, die Stücke live umzusetzen. Am Ende wurde die Leidenschaft von der Vernunft besiegt und wir haben beschlossen, mit RITUALS OF THE DEAD HAND auch live aufzutreten. Wann, wo und wie könnt ihr zum Beispiel auf unserer Facebook-Seite nachlesen ... also haltet die Augen offen!
Arbeitet ihr bereits an Stücken für ein weiteres Album?
Ja, es gibt bereits einige Ideen für einen Nachfolger, aber im Moment sind das nur lose Fragmente und noch keine konkreten Songs. Ich würde die Story rund um die „Bokkenrijders“ definitiv gerne weiter spinnen und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie in Form unserer Musik zurückkehren werden Allerdings würde ich auch gerne einige andere Mythen und Legenden aus Belgien textlich verarbeiten. Es gibt eine Menge wirklich finsterer, grimmiger und mysteriöser Geschichten hier, die perfekt zur Musik von RITUALS OF THE DEAD HAND passen würden.
Das freut uns zu hören! Hast du vielleicht zum Abschluss dieses Interviews noch eine Message an unsere Musikatlas Leser?
Wenn ihr auf düsteren und brachialen Metal steht, dann legt euch eine Kopie von „Blood Oath“ zu und hört euch die Songs in angemessener Lautstärke an. Die Reiter werden 2019 eure Häuser und Gärten heimsuchen, darin wüten und ihr Zeichen des Feuers hinterlassen. Vielen Dank an alle, die RITUALS OF THE DEAD HAND in irgendeiner Weise supporten!
Wir danken für dieses Interview und freuen uns auf eine gewaltige Liveshow der „Bokkenrijders“ im kommenden Jahr!
Photo Credit: RITUALS OF THE DEAD HAND