Wer dachte, der "Red Rocker" hätte sich längst aus dem Musikbusiness zurückgezogen, irrt gewaltig. Denn auch wenn in den letzten anderthalb Dekaden vorwiegend Live-Scheiben, und das noch dazu von eher Projekt-Charakter verströmenden Formationen wie etwa Sammy HAGAR & FRIENDS erschienen sind, und er es ganz offenkundig vorzugsweise stressfrei und entspannt angeht, hat der kurz nach der offiziellen Veröffentlichung dieser Scheibe seinen 75. Geburtstag zelebrierende Lebemann nichts von seinem Arbeitseifer eingebüßt.
Zudem sollte sich durch die Klasse seiner Veröffentlichungen auch jegliche Frage erübrigen, ob sein Werk und Wirken noch immer relevant sei. Das ist es nämlich zweifelsfrei, wie er mit "Crazy Times" unter Beweis stellt. Zwar galt es keineswegs als sicher, dass Sammy HAGAR & THE CIRCLE nach dem Szene-Einstand in Form der Live-Scheibe "At Your Service" jemals in ein Studio gehen würden, doch offenbar hat sich in den letzten Jahren wesentlich mehr Material angesammelt, als vorgesehen war.
Sammy und seine Mitstreiter Michael Anthony, Vic Johnson und Jason Bonham mussten also nicht lange überlegen, was damit geschehen sollte. Die Truppe fasste also den Entschluss den Fans ein weiteres Studioalbum zu servieren, und tat sich in Nashville mit Dave Cobb zusammen, der in der Vergangenheit unter anderem die RIVAL SONS produktionstechnisch begleitete, und dieser Band einen amtlichen Sound verpasste.
Dass ist dem Studio-Haudegen auch in diesem Fall gelungen, wobei es nicht einfach gewesen sein dürfte, die auf "Crazy Times" zu vernehmende musikalische Bandbreite in ein homogenes Klangkorsett zu zwängen. Doch Mr. Cobb ist numal ebenso ein Vollprofi wie die Musiker, und von daher kommen sowohl die ruhigen, getragenen Tracks, die auch zu Größen wie Bruce SPRINGSTEEN passen würden, als auch die fetzigen Nummern ausgewogen und authentisch aus den Boxen. Für drei Tracks hat Dave sogar noch Songwriter-Credits "abstauben" dürfen, wodurch auch seine Kompetenz als Songwriter einmal mehr deutlich wird.
Noch mehr Respekt gebührt aber dennoch klarerweise Sammy HAGAR. Der Tausendsassa kannte bekanntermaßen in seiner gesamten Karriere noch nie irgendwelche Limitierungen, und dürfte sich bis heute wohl noch nie großartige Gedanken gemacht haben, ob sich seine Songs auch entsprechend verkaufen lassen.
Von daher sollte es auch nicht großartig überraschen, dass "Crazy Times" die gesamte Spielzeit über in erster Linie den Spaß der Musiker beim Einspielen der Songs vermittelt. Selbstredend macht die Scheibe aber auch klar, in welch' blendender Verfassung sich die Stimme des Bandleaders befindet. Schließlich weiß er sowohl die eher gemächlicheren, teils in eleganter Westcoast-Rock-Manier angelegten Nummern ebenso umzusetzen wie auch überraschend heftigen Stoff der Kategorie 'Slow Drain'. Und dass er mit dem Titeltrack obendrein an seine VAN HALEN-Glanztaten denken lässt, dürfte wohl auch kein Zufall sein.
Als Fazit bleibt demnach festzuhalten, dass "Crazy Times" keinen Fan des, immer noch überaus agilen und fitten "Red Rockers" enttäuschen wird.