Das Cover wirkt auf den ersten Blick etwas billig und von der graphischen Umsetzung auch nicht unbedingt zeitgemäß. Leute, das war Absicht! Das klangtechnisch auf Anhieb die 80er Jahre evozierende Keyboard, das ab dem Opener 'Uninvited' das Geschehen prägt, fügt sich nämlich ebenso perfekt in diese "Zeitreise" ein, erweist sich auf Dauer aber dennoch als eigentlich einziger, jedoch erheblicher Kritikpunkt. Zudem lässt der Sound des Tasteninstruments sogar mehrfach die Frage aufkommen, ob wir es hierbei etwa doch nur mit einer Neuauflage eines vergessenen Tonträgers zu haben.
Doch dem ist nicht so. Definitiv nicht. Denn bei "Gravity" handelt es sich um das Debütalbum der eidgenössischen Formation SECOND REIGN. Die hatte an sich geplant nur einige Nummern als „Promo-Single" aufzunehmen, um damit die Clubs in der Heimat auf sich aufmerksam zu machen und an Möglichkeiten für Gigs zu kommen. Doch der Lockdown machte auch dieser Band einen Strich durch die Rechnung, weshalb anstelle der unsicheren Situation auf Konzert zu warten, dem Songwriting der Vorzug gegeben wurde.
Aus einem Fundus von gut 30 Titel wurde so binnen weniger Monate ein 13 Songs umfassendes Album zusammengestellt, das vom Up-Tempo-Rocker bis hin zur gediegenen Powerballade ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Programm enthält. Die Band macht aus ihren Einflüssen kein Geheimnis, es sind eindeutig die 80er Jahre, an denen sich SECOND REIGN orientiert hat.
Genau genommen jene Formationen, die uns damals mit wunderbar melodiösen Hard Rock-Tracks die Ehre erwiesen haben. Perfekt passend dazu klingt der Gesang von Bassist Stephan Lipp. Während er in den raueren Momenten wie eine Mischung aus dem jungen Ronnie Atkins und Claus Lessmann zu frühen BONFIRE-Tagen klingt, ist es in den eher ruhigeren Momenten sein unvergessener Landsmann Steve Lee, an den sein Timbre erinnert. Auch musikalisch liegt man mit einem Vergleich zu diesen Referenzen nicht ganz falsch, wobei SECOND REIGN dem Keyboard deutlich mehr Raum zur Entfaltung geben als das bei den Dänen jemals der Fall gewesen ist, während GOTTHARD, und die „Schanzer“ in Summe den höheren Anteil an balladesken Momenten auf ihren Scheiben verewigt hatten.
Die Zielgruppe von SECOND REIGN sollte aber dennoch eben jene Klientel sein, denn das Quartett macht seine Sache in der Tat mehr als ansprechend, und versteht es seine Songs durchweg mit memorablen Melodien, Hooks und einprägsamen Refrains auszustatten. Nicht zuletzt dadurch haben einige Tracks auch eine gewisse „skandinavische“ Schlagseite verabreicht bekommen, weshalb sich für 'Let Me Breathe' ein Vergleich zu ECLIPSE regelrecht aufdrängt, während man bei 'Falling' durchaus an H.E.A.T. denken darf. In Summe also ein gelungenes Debüt, auch wenn man die Keyboards klangtechnisch nicht ganz so dominant in Szene setzen hätte müssen.
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