Mit dem unerwarteten Ableben von Frontman Phil May im Mai letzten Jahres endete die Karriere der neben den ROLLING STONES längstdienenden britischen Rhythm’n’Blues-Band. Zwar hinterließen die PRETTY THINGS ein bedeutendes musikalischen Vermächtnis mit zahlreichen Studio- und Live-Alben, die vorliegende Box mit größtenteils unveröffentlichten BBC-Aufnahmen auf sechs CDs (bzw. in komprimierte Form auf drei LPs) hat das Zeug dazu, der Fangemeinde Freudentränen zu entlocken.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Über sieben Stunden (!) Musik, von 1964 bis 2018 von BBC-Shows wie “Saturday Club”, “Beat Room”, Top Gear” und “Sounds Of The 70s” sowie von den vergleichsweise kontemporären Sendungen “Mark Lamarr Show” und “Marc Riley Show”. 116 Tracks, von den Anfängen mit ungezügelten Covers von “Big Boss Man” und “Roadrunner” und ersten Eigenkompositionen (“Mama, Keep Your Big Mouth Shut”, “Big City”), der klassische BBC-Ban mit “LSD”, Klassiker wie “Buzz The Jerk” und “Can’t Stand The Pain”, Exzerpte aus “S.F. Sorrow”, der ersten Rock-Oper überhaupt, bis hin zu Songs aus der ungewohnt kommerziellen Ära auf LED ZEPPELIN’s Swan Song-Label und schließlich Aufnahmen aus dem erneuten, späten Karriere-Boost der 2000er. Verbrämt mit Interviews mit den Chefs Phil May und Dick Taylor, immer wieder für interessant-spannende Wortspenden gut, sowie Moderationen der britischen Radio-Legenden John Peel, Alan Black und Dave Symonds.
Kontroversiell, mit ungeheurer Bühnenpräsenz und einer unbedingten no nonsense-Attitüde waren PRETTY THINGS-Konzerte immer eine Klasse für sich, wovon wir uns noch anno 2011 in der ((szene)) Wien ein Bild machen konnten, daß die Band Generationen von Musikern, von David Bowie bis Robert Plant, beeinflußte ist auch kein Geheimnis.
Ein überaus opulentes Vermächtnis, kuratiert von Colin Harper und, eh klar, remastert von Eroc, das 50-seitige Booklet mit massig bislang unveröffentlichten Fotos, Memorabila und einem aktuellen Interview mit Dick Taylor spielt auch alle Stückerln. Chapeau!