VAN MORRISON Roll With The Punches

Caroline Rec. / Exile / Universal (2017)

Chicago-Blues meets Celtic-Soul: Van did it again.

Auf seinem 43. Album beschenkt uns Van Morrison einmal mehr mit ungebremster Spielfreude und mit einem hohen Repertoirewert, einer Mixtur aus eigenen, neuen, Songs und Coverversionen. Letztere gehen bisweilen bis in die 1930er Jahre zurück, werden hier aber mühelos in die Gegenwart verfrachtet ohne, wie bei VM seit jeher üblich, auch nur in die Nähe eines etwaigen Zeitgeistsounds zu geraten. 

Zwei nordirische Boxer - Phil Townley und Willie Mitchell - zieren fightend das Cover und geben gewissermaßen die Stoßrichtung der musikalischen Darbietung vor. Im Mittelpunkt steht nämlich der gute alte und der gute neue Blues. Und damit es nicht nochmals so altfadrisch daherkommt wie auf seinem Zäsur-Album Too Long In Exile von 1993, holte sich VM diesmal mit Jeff Beck den (laut Rolling Stone) fünftbesten Gitarristen aller Zeiten an Bord. Eine musikalische Paarung also, die es in sich hat, denn VM wird von Rolling Stone ja ebenfalls hoch geadelt. Das Magazin listet VM auf Rang 42 der 100 größten Musiker, auf Rang 24 der 100 besten Sänger und auf Rang 22 der 100 besten Songwriter aller Zeiten. Mit den legendär zu bezeichnenden Sängern Chris Farlowe, Paul Jones und dem Langzeitkumpel Georgie Fame, sowie mit dem britischen Jazzpianisten Jason Rebello befinden sich zudem weitere Top-Größen in der Besetzung von "Roll With The Punches". Und, Leute, was hier abgeht, ist sensationell gut, egal ob es sich um die fünf neuen bisher unveröffentlichten VM Songs handelt oder um die zehn Coverversionen. "Roll With The Punches" fährt dort fort, wo VM auf seinem Vorgänger-Album "Keep Me Singing" mit dem Song "Going Down To Bangor" aufhörte, nämlich mit rauem Blues, versehen mit etlichen Kanten und einer Referenz an den frühen Chicago-Sound. Der große Unterschied ist sicherlich Jeff Beck, der gleich zu Beginn des Albums im Titelsong, ein neues VM-Original, den bluesigen Reigen mit dem "Hoochie Coochie Man" Riff von Willie Dixon einleitet. Einer der größten Leistungen beim vorliegenden Album ist die Neuinterpretation von "I Can Tell", einem Bo Diddley Original. VM, Chris Farlowe und Jeff Beck entfachen hier ein Bluesfeuer par excellence. Und so gut mir das aktuelle Album von THE ROLLING STONES, "Blue & Lonesome" (2016) auch gefällt, im Vergleich zu den Darbietungen auf "Roll With The Punches" stinken die ROLLING STONES ordentlich ab. Das liegt nicht nur daran, dass VM und seine Duett-Partner die Lieder singen und nicht wie Mick Jagger alles zerschreien, das liegt eben auch an Jeff Beck, der seine beste Gitarrenleistung seit wer weiß wie vielen Jahren hier abliefert. Hört euch nur mal "Stormy Monday / Lonely Avenue" an oder sein extraordinäres Gitarrensolo auf "Bring It On Home To Me". Zwei Songs übrigens, die VM bereits einmal veröffentlichte. "Lonely Avenue" auf dem bereits erwähnten "Too Long In Exile", und den Sam Cooke Klassiker brachte VM auf seinem ersten Live-Album "It's Too Late to Stop Now..." von 1973 der Menschheit näher. Aber es gibt nicht nur die rockigen Blues-Riffs von Jeff Beck zu hören, sondern auch ein grandioses Duett mit Georgie Fame im Jazz-Blues-Klassiker "Goin’ To Chicago" von Count Basie. Der Song wurde erstmals in den frühen 1930er Jahren von Count Basie aufgenommen, das Arrangement der vorliegenden Version geht aber auf die Neueinspielung von Count Basie mit Joe Williams aus dem Jahr 1956 zurück. Nicht ganz ins Gesamtbild des Albums passend ist übrigens die Single-Auskopplung, "Transformation", ein klassischer Celtic-Soul R&B aus der Feder von Van Morrison. Ein Song allerdings, bei dem ebenfalls Jeff Beck seine ganze Klasse ausspielen kann und VM, wie schon so oft in seiner langen Karriere, einmal mehr eine zauberhafte Melodie aus dem Ärmel schüttelt. Ein Song, in dem uns der Nordire mit seiner unüberbietbaren Mischung aus scharfem Realitätssinn und transrealer Mystik, ewig auf der Reise nach Wahrheit und Wirklichkeit, Sinn und Sinnlichkeit, zu begeistern weiß. Und nicht zuletzt ist "Roll With The Punches" ein Album, das uns durch dunkle Zeiten bringen kann.

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