Das letzte Album „Star Treatment“ liegt nun schon bald 7 Jahre zurück und hinterließ aufgrund der doch unerwarteten Erweiterung des stilistischen Spektrums nachhaltigen aber auch etwas gemischten Eindruck. Speisten sich doch plötzlich Elemente von Goth-Rock, Punk und Alternative-Rock in die erhabene Musik von Edwards, auch live unterstrichen mit neuen und großteils sehr jungen Musikern. Gut, seine Punk-Roots sind seit 16 HORSEPOWER bekannt. Ein bißchen seltsam war es schon.
Was seine Musik bei mir bewirkt, wurde mir erst kürzlich wieder bei Sichtung des Cannes 2021 prämierten Films „Titane“ bewußt, in den ersten paar Minuten tönt dort 16 HORSEPOWER aus dem Autoradio, da kommt sofort Stimmung auf, so richtig schlecht konnte der Film bereits hier nicht mehr werden (wurde er sowieso nicht, ganz im Gegenteil).
Sein neues Album als WOVENHAND macht es einem wieder nicht ganz leicht, die Goth- & Alternative-Rock-Einflüsse sind mehr als geblieben und sogar erweitert um elektronische Elemente. Nichts für Puristen. Er hat das Album auch nicht wie bislang meist gewohnt selber geschrieben sondern gemeinsam mit seinem Kumpel Chuck French von der Emocore-Band PLANES MISTAKEN FOR STARS. Alles wurde zu Hause über einen Zeitraum von 4 Jahren selber aufgenommen und gemischt. Aber die stilistische Variationslust dahingestellt, hält alles die unverkennbare Stimme von David Eugene Edwards zusammen und gibt jedem Song Magie (sogar Track Nr. 4 welcher mit eine ZZ TOP Riff und kabaretthaft hard-rockigen „Huuaahh“ startet). Bei manchen Songs kriegt man schon das Gefühl sich dem Universum der SISTERS OF MERCY anzunähern, noisige, verzerrte Alternative-Rock Gitarren dominieren durchwegs. Traditionelle Sounds, welche bei Edwards aufgrund des Gesamtvibes immer noch im Alternative Folk oder Country anzusiedeln waren, blitzen immer wieder mal durch. Aber wie gesagt, die Stimme dominiert, die Atmosphäre ist wiederkehrend mystisch, proklamatisch (der Prediger!), wütend und hypnotisch.
Auch wenn er lieber von Gott spricht, von David Eugene Edwards‘ betörender Musik lässt man sich gern auch in die dunkelsten Abgründe ziehen (manchmal ist dies dasselbe, aber ich bin sowieso Atheist und trotzdem Fan).